Change Camp 12/2019. Bayrischzell. 120 Unternehmensvertreter und Change Berater kommen über zwei Tage zusammen, um zu Change Management Methoden, aktuellen Fragestellungen und Fallbeispielen ins Gespräch zu kommen. Ein in sich feststeckender Transformationsprozess eines Unternehmens ist einer der Fallbeispiele auf dem Change Camp und Fokus der Gruppe, der ich mich zugesellt habe.

Ursprünglich traditionell verwurzelt, hat dieses Unternehmens bereits große Schritte in eine agile Organisation vollbracht. Die Entwicklung ist bewunderswert. Das Unternehmen dafür begehrt. Und doch, hier und da hakt es. Die Fallgeber wünschen sich Lösungsansätze und Inspiration, um in die nächste Phase der Transformation zu gelangen. Die Situation wird beschrieben und Problemhypothesen formuliert. Dann ordnen wir uns den einzelnen Hypothesen zu. Ich finde mich schließlich in einer kleinen Gruppe von 12 Personen wieder. Unser Auftrag ist, Lösungsvorschläge für unsere spezifische Hypothese zu liefern.

Der Raum ist laut. Post-its das einzige Material, das uns zur Verfügung steht. Jeder von uns ist auf seine Weise Führungspersönlichkeit und verfügt über Jahrzehnte von Berufserfahrung und Fachwissen. Wir kennen uns kaum oder gar nicht und haben noch nie zusammen gearbeitet. 60 Minuten ist unser Limit. Ich bin ausgewählt, um die Moderation zu führen.

Und hier beginnt meine Story der 60 Minuten Moderation unter Volldampf. Angeregt durch viele positive Rückmeldungen habe ich aufgeschrieben, was die Moderation aus meiner Sicht ausgemacht hat.

Vereinbarungen zu Rollen, Thema und Vorgehen

  1. Die Legitimation
    Meine erste Handlung in der Gruppe war abzufragen, ob ich wirklich die Moderation übernehmen soll. Nach meiner Legitimation wählten wir Zeitnehmerin und Schreiber. Letzerer bekam noch einen Assistenten zur Seite.
  2. Klären, worüber wir reden – ein gemeinsames Verständnis
    War uns die Problemhypothese, der wir uns in den kommenden 60 Minuten widmen wollten, wirklich klar? Hatten wir dazu auch ein gemeinsames Verständnis? Insofern wurde als zweiten Schritt die Hypothese für alle klar und verständlich auf den Punkt gebacht und um eine präzise Fragestellung, die es zu lösen gab, ergänzt.
  3. Der Weg zur Lösung – die Prozessschritte
    Nun stand im Raum, wie wir zur Lösung kommen. Welche Fragen wollten wir klären, welchen Gedanken verfolgen und in welcher Reihenfolge?

Nun konnte die inhaltliche Arbeit beginnen.

Tempo, Fokussierung und Stringenz: Die Essenz unserer inhaltlichen Arbeit

  1. In jedem Schritt unseres Prozesses vereinbarten wir wieder zuerst Vorgehen und Methode. Zügig wurden dafür Vorschläge gemacht, kurz Vor- und Nachteile benannt und schließlich abgestimmt – alles in Sekunden.
  2. Die Zeit spielte in der gesamten Gruppenarbeit eine wesentliche Rolle. Für jede nächste Frage wurde ein Zeitlimit vereinbart. Dieses galt es, einzuhalten! Brauchten wir mehr Zeit, stimmten wir uns kurz über eine Verlängerung ab.
  3. Mit jedem neuen Prozessschritt wurde die übergeordnete Frage (in Verbindung zur Problemhypothese) und die für diesen Schritt spezifische Fragestellung wiederholt – und dies manchmal sogar mehrfach. Der Überblick sollte zur jedem Moment gegeben sein.
  4. Permanent wurden die Aussagen der Teilnehmer wiedergegeben, um zum einen dem Schreiber die Möglichkeit zu geben, korrekt zu dokumentieren und zum anderen, den Fokus auf die Fragestellung zu halten.
  5. Regelmäßig wurde benannt, wo wir gerade stehen, was schon bearbeitet wurde, was noch vor uns liegt und wieviel Zeit wir noch hatten.
  6. Längere und kürzere Aussagen im Dialog gaben sich die Hand. Auf den Punkt zu kommen, war zu mancher Frage eine Herausforderung. Hier brauchte es immer wieder die Erinnerung an die Fragestellung, die Bitte und womöglich auch mal die Aufforderung auf den Punkt zu kommen oder die Aussage auf einen Satz zu verdichten.

Zusammengefasst, sehe ich die Kraft einer (solchen) Gruppenleistung in den folgenden drei Punkten.

  • Gemeinsam vereinbarte Struktur und Vorgehen
  • Klarheit und Überblick zu jeder Zeit
  • Fokusierung und Dranbleiben am Thema und der Struktur

Für mich persönlich ist strukturiertes Denken und den Überblick behalten wohl die einfachere Aufgabe. Die Herausforderung besteht für mich in solchen Moderationen eher darin, die Teilnehmer fortwährend daran zu erinnern, zu bitten oder womöglich zu insistieren, den Fokus zu behalten, auf den Punkt zu kommen, präzise und klar zu bleiben, die Zeit einzuhalten und andere Sichtweisen „bewertungsfrei“ stehen zu lassen, und dies mit unterschiedlichen Formulierungen und in der Balance von Wertschätzung und bestimmender Steuerung.

Denn eine stringente Moderation mag nicht jeder und geht auch mal gegen individuelle Interessen. Dies spricht widerum meine eigenen Sehnsüchte und Ängste an. Hier gilt für mich, den Sinn einer Gruppe und ihrer Aufgabe die gesamte Zeit im Auge zu behalten und mir meiner eigenen inneren Haltung mir selbst und Menschen gegenüber bewusst zu sein. Und wenn das alles gelingt, wie vielleicht in dieser Moderation, ist das für mich die Erfüllung.

Dankbar und mit herzlichen Grüßen
Ihre
Carole Maleh

Carole Maleh 2018 1

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